GEWALT GEGEN KINDER: Starker Anstieg an Gewalttaten gegen Kinder im Corona-Jahr 2020 I WELT News
· 26.05.2021 · 19:30:00 ··· ··· Wednesday ·· 3 (3)
WELT Nachrichtensender GEWALT GEGEN KINDER: Starker Anstieg an Gewalttaten gegen Kinder im Corona-Jahr 2020
Laut Polizeilicher Kriminalstatistik ist die Zahl der Fälle von Gewalt gegen Kinder weiter gestiegen. Im vergangenen Jahr wurden 152 Kinder vorsätzlich oder fahrlässig getötet oder starben in Folge von Körperverletzung, wie der Präsident des Bundeskriminalamtes, Holger Münch, am Mittwoch in Berlin mitteilte. 115 Kinder waren 2020 unter 6 Jahre alt. Im Jahr zuvor waren es insgesamt 112 Kinder.
Zudem gab es 4.918 Fälle von Kindesmisshandlung (2019: 4.055). Die Statistik verzeichnet einen Anstieg von sexueller Gewalt von 15.936 auf 16.921 Fälle. Besonders stark angestiegen sind demnach die Fälle von Kinderpornografie. So habe es im vergangenen Jahr 18.761 Fälle gegeben, was einem Anstieg im Vergleich zum Vorjahr um 53 Prozent entspreche. Dabei gebe es einen steigenden Anteil von Jugendlichen, die kinderpornografisches Material über Messenger-Dienste teilten.
Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, sprach von "unerträglichen Zahlen", hinter denen "unbeschreibliches Leid von Kinder und Jugendliche" stehe. Die Gefahrenabwehr müsse stärker dorthin, wo sich Kinder und Jugendliche aufhielten. Das betreffe immer mehr auch Soziale Netzwerke und Online-Spiele. Notwendig sei eine Bündelung von Kompetenzen bei den Staatsanwaltschaften, um Ermittlungen gezielter zu koordinieren und Verfahren zu beschleunigen.
Er forderte zudem eine massive Personalaufstockung bei Polizei und Justiz. Ermittlungen dürften nicht daran scheitern, dass Durchsuchungsbeschlüsse nicht vollstreckt und Datenträger nicht ausgewertet würden, so Rörig.
Der Beauftragte machte sich für eine Grundsatzstrategie gegen Missbrauch stark, an der alle handelnden Akteure beteiligt würden. Dazu gehöre auch mehr Medienpädagogik in den Schulen. Mit Blick auf die Verbreitung von kinderpornografischem Material durch Jugendliche müsse es dabei auch um Fragen von Ethik und Menschenwürde gehen.
Die Bundesjustiz- und -familienministerin Christine Lambrecht (SPD) erklärte, die aktuellen Zahlen zeigten ein erschreckendes Ausmaß sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche. Es müsse überall in der Gesellschaft "höchste Aufmerksamkeit und Sensibilität" bestehen.
Unterdessen forderte der Deutsche Kinderschutzbund (DKSB) im Kampf gegen Gewalt an Kindern mehr Hilfe für Familien und Schulen. "Die Kindesmisshandlung beginnt häufig mit der Überforderung der Eltern oder Erzieher. Wenn dann keine Hilfe erfolgt, wird aus Überforderung Verzweiflung", sagte der Präsident des Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Zugleich forderte Hilgers eine stärkere Beteiligung der Kinder selbst an den Schutzmaßnahmen sowie eine stärkere Verankerung von Rechten für junge Menschen im Grundgesetz.
Auch die Grünen verlangten mehr Hilfen für den Kinderschutz. Bund und Bundesländer müssten Maßnahmen intensivieren und strategisch besser abstimmen. Die Linke machten die Bundesregierung wegen der Kita- und Schulschließungen für die gestiegene Gewalt an Kindern mitverantwortlich. Nicht das Virus sei für tausende Kinder lebensbedrohlich gewesen, sondern das gewaltsame familiäre Umfeld.
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